Was helfen Mikroexpressionen im Job???

Geschrieben von JuergenStephan am 29. Januar 2019 09:11 Uhr

    

Was helfen Mikroexpressionen im Job???

 

Professor Paul Ekman, hat in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts, etliche Forschungen betrieben, die auf Erkenntnissen von Charles Darwin beruhen. Es wurde bereits von dem Evolutionsforscher Darwin festgestellt, dass es einen Zusammenhang zwischen der Gefühlswelt und der Mimik gibt. Darwin verfasste dazu auch ein weltbekanntes Werk. „The Expression of the Emotions in Man and Animals" ist bis heute ein Grundlagenwerk für die Arbeit mit Mikromimik.

Paul Ekman forschte in diesem Bezug noch etwas weiter. Er entdeckte, mehr oder weniger durch Zufall, dass bei psychiatrischen Patienten, eine Kluft zwischen Gesagtem und Gemeintem besteht. In Klartext heisst das, dass es einen Zusammenhang zwischen einer Lüge und einer Körperreaktion gab. Sichtbar wurde dies aber erst, als Paul Ekman Videosequenzen Bild für Bild abspielte. Dort erkannte er was ein Probant in dem Moment fühlte als er eine Aussage traf. Dies wurde immer weiter erforscht und letztendlich gipfelte seine Forschung in einer Art Landkarte für das Gesicht. Einer ausführlichen Beschreibung aller möglichen Emotionen, die ein Mensch im Gesicht abbilden kann. Es entstand das fast 500 Seiten starke FACIAL ACTION CODING SYSTEM – genannt FACS.

Dieses Werk ist sehr komplex und schwer verständlich für jemanden, der sich nur oberflächlich mit dieser Materie beschäftigt. Doch es ist auch bei geringer Beschäftigung mit dieser Thematik durchaus möglich, Gefühle des Gesprächspartners zu erkennen und diese zu nutzen. Eine Führungskraft sollte diese Techniken unbedingt beherrschen, denn es ist unabdingbar in einer Gesellschaft, in der der Leistungsdruck immer höher wird, das Leiden des Mitarbeiters frühzeitig zu erkennen. Es kann nicht sein, dass Führungskräfte ständig auf den Gefühlen der Mitarbeiter rumtrampeln und sich danach wundern, wie oft dieser dann krank macht. Depressionen und das sogenannte „Burn out Syndrom" sind ein Indikator dafür, wie wichtig es ist, Emotionen des Mitarbeiters – meines Gegenübers – zu erkennen und ernst zu nehmen. Auch wenn in vielen Bereichen die Erkenntnis, der brutalen Geschäftswelt weichen muss, so ist es doch eine Tatsache, dass hinter jeder Führungskraft, jedem Fensterputzer oder Bandarbeiter, doch ein Mensch steht. Ein Mensch mit einer Vita, mit einer Familie, Gefühlen und Fähigkeiten, von denen wir alle nichts wissen. Denn es interessiert viele Führungskräfte gar nicht, was der Mitarbeiter denkt. Er hat einfach nur zu funktionieren.

Zu diesem Thema kann ich Ihnen eine kurze Anekdote erzählen. Ich habe einen Freund. Er ist eine gute Führungskraft. Stark, durchsetzungsstark, kompromisslos – ja sogar brutal. Ebenso wie ihn seine Vorgesetzten gerne sehen. Eines Tages kam ein Mitarbeiter zu ihm und er führte sein Mitarbeiterförderungsgespräch. In Wirklichkeit wurde dem Mitarbeiter Unmögliches aufgetragen, um diesen dann zum Gehen zu bewegen. Der Mitarbeiter war ein lustiger Geselle. Gerne gesehen, bei Kollegen und Kunden. Er war beliebt im eigenen Haus und auch in seiner eigenen Familie. Niemand konnte sehen, wie sentimental und seelisch labil er war. Er machte, auch wenn ihm das Wasser bis zum Halse stand, immer gute Laune zum bösen Spiel. Auch mein Freund machte sich keinerlei Gedanken darum, dass diesen Mensch unendlich seelische Schmerzen plagten. Was mein Freund nicht wusste, war die Tatsache, dass dieser Mitarbeiter seine Work-Life-Balance nicht mehr im Griff hatte. Er arbeitete nur noch für den Betrieb. Er hatte keine Zeit mehr für seine Kinder, oder seiner Frau. Sein geliebtes Hobby , das Fahrradfahren musste er aufgeben, da er keinerlei Zeit mehr hatte, diesem nachzugehen. Er nahm daraufhin etwas zu. Seine körperliche Verfassung war dramatisch schlechter geworden. Es häuften sich Krankheiten. Fast jeden Monat musste er vier bis fünf Tage zuhause bleiben, da er sich einen Virus eingefangen hatte. Seine Gelenke schmerzten und in stillen Momenten hatte er sich zurückgezogen um in einem kahlen Zimmer zu weinen. Doch er musste für seine Familie und seine Vorgesetzten stark sein. Schließlich durfte er in dieser harten Geschäftswelt keinerlei Schwäche zeigen, denn das ist wie in der Natur, das Todesurteil. Nur der Stärkere überlebt.

So kam dieses Mitarbeitergespräch und mein Freund teilte ihm mit dass er sich freue, ihn weiter fördern zu können. Er wollte ihn mit noch mehr Arbeit und Verantwortung betrauen, da er ja in der Firma vorwärts kommen sollte. Er gehe davon aus, so sein Chef, er möchte irgendwann die Abteilung übernehmen und vielleicht sogar Niederlassungsleiter werden. Der Chef muss es ja wissen. Schließlich kann er ja in alle Köpfe sehen und das was er selbst gerne möchte, oder erreicht hat, das muss auch ein Anderer mögen. Dieser Täuschung fallen im Übrigen fast alle Führungskräfte zum Opfer. Woher wollen Sie es denn wissen? Woher wissen Sie was Ihr Mitarbeiter gerne möchte? Woher, wenn Sie ihn nicht fragen? Aus das wurde meinem Freund zum Verhängnis. Er reflektierte sein eigenes Verhalten auf den Mitarbeiter. Zeit zum Fragen – diese emotionale „Kinderkacke", wozu brauchen wir das denn schon?

Wortlos stimmte der Mitarbeiter zu und verließ das Büro. Für meinen Freund war die Sache erledigt. Für den Mitarbeiter leider nicht. Er zog sich zurück auf die Toilette und setzte sich. Er fing an bitterlich zu weinen. Zu weinen, weil er wieder weniger Zeit für Sich und seine Familie hatte. Wieder weniger Zeit, seine Work-Life-Balance in Ordnung zu bringen. Und wozu das alles? Wegen Geld, Karriere, Aufstieg und noch mehr Verantwortung? Wollte er das überhaupt, oder ist ihm dieser Panzer übergezogen worden? Er verzweifelte immer mehr. Er konnte sein Weinen nicht mehr stoppen. Es dauerte etwa 20 Minuten und er fing sich wieder. Er ging wieder in seine Abteilung zurück und erzählte wieder Witze und scherzte mit Kollegen. Er verkaufte wieder Top Produkte und holte sich einen entscheidenden Großkunden. Er war einfach beliebt und gut. Doch er hatte unglaubliche seelische Schmerzen.

Der nächste Tag begann wie immer. Die Telefone klingelten, der Chef war wieder launisch, der Kaffee schmeckte nach Büro und abgestandenem Wasser. Und wieder einmal fragte sich der Chef , wo denn sein Mitarbeiter sei. Einen kurzen Moment beschäftigte er sich mit der Tatsache, dass es in diesem Monat schon das vierte mal sei, wo er zu spät kommt – doch egal...... Der Tag verging und irgendwann rief die Ehefrau des Mitarbeiters beim Chef an. Sie würde gerne ihren Mann sprechen. Der Chef teilte ihr nüchtern mit, dass dieser nicht in der Arbeit sei und dass es so nicht mehr weitergehen kann. Schließlich habe er eine Firma zu führen und wenn es nicht besser werden sollte – draußen stehen 50 andere die diese Arbeit gerne machen. Er verabschiedete sich und ging seiner Tätigkeit wieder nach.

Spätnachmittag am selben Tag, klopfte es an der Tür und zwei Männer mit kurzen Haaren und jeder mit einer ärmellosen Weste bekleidet, betraten das Büro des Chefs. Es handelte sich um zwei Beamte der Kriminalpolizei. Sie teilten dem Chef mit, dass sein Mitarbeiter nicht mehr kommen würde. Er hatte sich am Bahnübergang etwa 200 m von der Firma, auf die Gleise gelegt und wurde von einem Zug überrollt. Die Frage an den Chef war, warum er das getan haben könnte. Der Chef war wie vom Donner gerührt und sank in seinen opulenten Ledersessel. Er blickte auf das Telefon, das er vor etwa 2 Stunden in der Hand hatte und der Frau seine Klage über diesen Mitarbeiter zu erzählen. Er schämte sich. Er hätte vielleicht etwas mehr auf ihn achten müssen, er hätte ihn vielleicht fragen sollen, ob es ihm gut geht. Ja – hätte, könnte, wollte. Er hat es aber nicht getan und jetzt ist es zu spät.

Diese Geschichte ist wahr und spielte sich im Raum München ab. Diese Geschichte ist deshalb so dramatisch, da sie sich jeden Tag wiederholt und ähnlich zu Ende geht. Mit FACS ist es möglich genau diese Situationen zu entschärfen, sein Gegenüber abzuholen in seinem seelischen Schmerz und diesen überhaupt zu erkennen. Emotionen lenken unser tägliches Leben. Sie machen uns zu dem was wir sind – Menschen. Die Kunst besteht darin die Emotionen zu erkennen und mit diesen dann zu arbeiten.

In den vielen Seminaren die ich gehalten habe, taucht immer wieder derselbe Satz auf. „So ein Käse, was nutzt mir das denn schon in der Praxis?" Diesen Satz lasse ich dann wirken und stelle mir die Frage, ob das ernst gemeint sein kann. Was empfindet dieser Mensch gerade, der so etwas Unglaubliches sagt? Wie antworte ich? Ich antworte meistens so. Sie sind bereits ein Führungskraft, sonst säßen Sie nicht auf dem Posten den Sie derzeit bekleiden. Sie haben dies durch sehr Leistung und Leidenschaft erreicht. Und das finde ich bewundernswert. Wie steht es denn mit Ihrer Führungspersönlichkeit? Wie sehen sie Ihre Mitarbeiter denn? Was denken diese denn über Ihre Arbeit? Was wissen Sie über Ihre Mitarbeiter? Kennen Sie die Namen derer Kinder? Kennen Sie ihre Hobbys, ihre Ziele und Wünsche? Wenn Sie FACS beherrschen, sehen, sie was jemand empfindet, wenn er Sie ansieht. Sie sehen es was jemand denkt. Natürlich bringt es etwas. Sie entwickeln mit FACS und anderen Methoden eine Empathiefähigkeit. Sie fühlen sich in Ihr Gegenüber ein und lernen so Ihren Gesprächspartner besser zu verstehen und seine Probleme ernst zu nehmen. Nehmen Sie sich diese Zeit, denn jeder Mensch ist es wert sich mit ihm zu befassen!

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